
Es sind bereits fünf Jahre vergangen, seit das Farming Accelerator Project in Äthiopien gestartet wurde. Kurz vor den pandemiebedingten Lockdowns im Jahr 2020 haben wir gemeinsam mit dem International Trade Centre (ITC) der Vereinten Nationen, Enveritas und Coqua das Projekt ins Leben gerufen – mit dem Ziel, die größten Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit für Kleinbauern anzugehen.
Das Projekt begann in Südäthiopien und wurde entwickelt, um Bauern und ihre Familien durch gezielte Schulungen zu unterstützen. Die Trainingsmodule umfassen moderne landwirtschaftliche Praktiken wie Agroforstwirtschaft, Kompostierung, Mischkulturen und die Verjüngung von Kaffeebäumen sowie grundlegende finanzielle Bildung. Die Farmer-Trainer identifizieren das geeignetste Familienmitglied, das in der Lage ist, den Cashflow zu verwalten und Notizen zu Produktionszahlen, Ausgaben und Einnahmen zu machen – idealerweise aus mehreren Einkommensquellen.
Ein maßgeschneiderte App wird von den Farmer-Trainern genutzt, um diese Informationen digital zu erfassen, wodurch eine Nachverfolgung und ein Vergleich mit anderen Gruppen möglich sind.
Ende 2024 erhielten wir die über die App gesammelten Statistiken vom Basisjahr 2021/22 bis zum Zwischenjahr 2022/23, die alle von den Farmer-Trainern über digitale Umfragen bei den Bauern erhoben wurden. Die Daten werden mit den von Enveritas gesammelten Informationen verglichen. Die Erkenntnisse sind beeindruckend.
Insgesamt sind die Ergebnisse positiv und motivierend! In den südlichen Regionen Sidama und SNNPR ist ein robustes Wachstum zu verzeichnen. Es gibt erhebliche Verbesserungen bei Produktion, Verkauf, Einkommen und Preisen, angetrieben durch verbesserte landwirtschaftliche Praktiken sowie erhöhte Produktions- und Verkaufsvolumen.
Die Kaffeeverkäufe haben sich in diesen Regionen verdoppelt, was auf einen besseren Marktzugang und eine höhere Nachfrage hinweist.
Im Südwesten (Oromia) gab es aufgrund von Rückschnittpraktiken einen leichten Rückgang der Produktion. Es wird erwartet, dass die Produktion in den nächsten Jahren zunimmt. Das erhebliche Wachstum bei Verkäufen und Einkommen unterstreicht eine positive Entwicklung, die durch erhöhte Verkaufsvolumen und höhere Preise vorangetrieben wird.
Eine Übersicht über die regionale Leistung finden Sie in der folgenden Grafik:
Regionale Zusammenfassungen
Die Daten wurden von Farmer-Trainern gesammelt, die im genannten Zeitraum insgesamt 5.231 Haushalte in Sidama, SNNP und Oromia besuchten.
Interessanterweise können wir auch die Akzeptanzrate bewährter Praktiken sehen, wobei „Schattenkontrolle" und „Erosionskontrolle" die höchsten Werte aufweisen.
FMA - Best Practice Adoption Rate
Kürzlich sprachen wir mit Moata Raya, dem Projektmanager des Farming Accelerator Projects. Er teilt uns seine Perspektiven, Gedanken und Motivationen zum Projekt mit.
Moata Raya, Projektmanager des Farming Accelerator Projects in Äthiopien
Was ist Ihre Rolle im Farming Accelerator Project?
Ich arbeite als Projektmanager, entwerfe das Projekt, entwickle und aktualisiere Schulungsmaterialien und berate zur Trainingsmethodik und deren Umsetzung. Ich bin auch in das Stakeholder-Management eingebunden und verfolge die Aktualisierungen und Fortschritte des Projekts.
Was sind die wichtigsten Erfolge des Farming Accelerator Projects bisher?
Dies ist das zweite Jahr, seit wir das Projekt begonnen haben, das sich mehr auf die Bereitstellung von Schulungen, Lernen und praktisches Wissen konzentriert. Es ist ein Lernprozess, daher braucht es Zeit, um Ergebnisse zu sehen. Aber bis jetzt haben wir mehr als 5.000 Bauern und ihre Familien geschult. Wir lehren Landwirtschaft als Familienunternehmen und ermutigen alle Familienmitglieder, an den Schulungen teilzunehmen, was ungewöhnlich ist. Das ist ein Erfolg. Regierungsbeamte sind zufrieden mit der Art der Schulung, da sie die gesamte Familie motiviert, Ideen an die Jüngsten weitergibt und ihnen ermöglicht, zu lernen und sich an dem zu beteiligen, was ihre Eltern tun. Außerdem haben wir großartige Ergebnisse beim Rückschnitt gesehen. Innerhalb von zwei bis drei Jahren hat sich die Produktivität erhöht. Die Bauern erzielen bessere Erträge als zuvor, was sie ebenfalls motiviert.
Wie oft bieten Sie Schulungen an?
Wir haben 14 Module und bieten jeden Monat Schulungen zu jedem Modul an, aber wir kombinieren sie. In der Struktur haben wir einen Farmer-Trainer auf der Basisebene. Jeder Trainer unterstützt bis zu 300 Bauern, die in 10 Gruppen von jeweils etwa 25–30 Mitgliedern aufgeteilt sind. In diesem Sinne bietet jeder Trainer jeden Monat ein Modul für diese Gruppen an.
Training in der South West Ethiopia Peoples' Region, Februar 2023
Neben der Schulung zu Familienbetrieben und Stumping – welche Trainings machen sonst noch einen Unterschied?
Das sind tatsächlich die beiden Trainings, bei denen wir die größten Erfolge gesehen haben. Aber es gibt auch andere, wie zum Beispiel das Jäten (Weeding) und Kompostieren. Vor allem beim Kompost und dessen Herstellung sowie beim Schädlingsmanagement konnten wir sehr gute Ergebnisse erzielen. Insgesamt haben die Schulungen zu Jäten, Kompostieren und der Landwirtschaft als Familienunternehmen große Wirkung gezeigt.
Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen für Kaffeefarmer in Äthiopien?
Eine große Herausforderung – insbesondere im Zusammenhang mit unserem Projekt – ist der Zugang zu hochwertigen landwirtschaftlichen Geräten, die für die Umsetzung des Gelernten nötig sind. Dieses Feedback bekommen wir häufig. Die Verfügbarkeit von guten Werkzeugen auf dem Markt ist also ein echtes Problem. Unsere Projektphilosophie ist, keine Materialien kostenlos zu verteilen, da dies eine Abhängigkeit erzeugt. Ohne uns würden manche Farmer vielleicht nicht weitermachen. Einfach Geld oder Ausrüstung zu geben, ist keine nachhaltige Lösung – Fähigkeiten, Wissen und Motivation zu vermitteln, ist viel wertvoller. Deshalb wird die Unterstützung von List + Beisler, insbesondere bei der Bereitstellung von landwirtschaftlichen Geräten, von den Farmern sehr geschätzt.
Außerdem hatten viele Kleinbäuer*innen früher nur ein Hektar Land, vollständig mit Kaffee bepflanzt – ihr gesamtes Einkommen hing davon ab. Da die Erträge gering waren, reichte das Geld oft nicht, um ein ganzes Jahr zu überstehen. Viele hatten nach sieben bis acht Monaten nach der Ernte nicht mehr genug zu essen. Deshalb bringen wir ihnen bei, wie sie Zwischenkulturen anbauen – also Gemüse oder auch Avocados, Bohnen und Erbsen. Das dient nicht nur dem Eigenbedarf, sondern auch dem Verkauf des Überschusses. So haben sie ein Einkommen und Nahrung, bis die gestumpten Kaffeepflanzen wieder tragen. Ein weiterer Schulungsschwerpunkt ist das Sparen – damit sie nicht alles sofort ausgeben und mehr finanzielle Sicherheit gewinnen.
Ein weiteres Problem ist die räumliche Verteilung: Die Projektgebiete sind sehr verstreut, die Farmer wohnen nicht nah beieinander. Das macht es schwierig, alle innerhalb eines Monats zu erreichen. Das ist eher ein logistisches Thema, aber dank der Unterstützung durch das ITC konnten wir hier schon einige Verbesserungen umsetzen.
Training zum Stumping und Kompostieren
Wie können andere das Projekt unterstützen?
Gute Frage! Sichtbarkeit ist extrem wichtig. Wenn wir zeigen, was hier geleistet wird, können wir Spenden sammeln und das Projekt langfristig sichern – und vielleicht sogar auf die nächste Ebene bringen. Deshalb ist es wichtig, über soziale Medien und Kontakte weiter auf das Projekt aufmerksam zu machen.
Die Zukunft des Projekts sieht vielversprechend aus. Wir arbeiten weiter am Feinschliff und setzen viele gute landwirtschaftliche Praktiken um. Wenn wir weitere Farmer in neuen Regionen erreichen und Stumping noch weiter verbreiten, kann der Effekt für äthiopische Kaffeeproduzent*innen deutlich größer werden. Gerade jetzt ist das EUDR (EU-Lieferkettengesetz) eine echte Herausforderung für Farmer und Exporteure in Äthiopien. Aber dieses Projekt kann hier wirklich einen Unterschied machen – wenn wir dranbleiben.
Was inspiriert dich am meisten an dem Projekt?
Wenn man in die Projektregionen reist und sieht, wie die Farmer das Gelernte umsetzen – das ist unglaublich motivierend. Man kann die Veränderung mit eigenen Augen sehen.
Philip mit Projektleiter Beshir (links) und Farmer-Trainer Kefyalew (rechts), Februar 2025
Philip, Managing Partner und Chief Sustainability Officer bei L+B, war Ende Februar in Äthiopien und kam mit vielen positiven Eindrücken vom Projekt zurück. Bleib dran – wir teilen bald die neuesten Projektdaten!